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Leben am Abgrund
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Leben am Abgrund

Bei meiner neuen Therapeutin fühlte mich weiterhin sehr gut aufgehoben und hatte regelmäßige wöchentliche Termine. Schon bald bekam ich einen Kassenplatz und musste meine Therapie nun mehr, bis auf einen kleinen Selbstbehalt, nicht mehr selbst zahlen. Das war schon eine große Erleichterung.

Im Mai 2008 ging es mir mit den Depressionen immer schlechter und so entschied ich mich letztlich dazu, mich neben der Psychotherapie auch in ärztliche Behandlung zu begeben. Meine Therapeutin empfahl mir einen sehr netten Arzt, mit dem sie schon viele Jahre zusammenarbeitet und informierte ihn auch gleich über meine derzeitige Situation, so dass ich nicht nochmal alles erzählen musste. Ich habe mich dann bei diesem Arzt zwecks Antidepressiva beraten lassen und habe dann schließlich eingewilligt, es mit Medis zu probieren.

Den ganzen Sommer und Herbst über versuchte ich immer wieder an Informationen zwecks meines OEG-Antrags zu kommen. Das Amt hatte inzwischen gewechselt, ohne dass ich davon wusste und so war was für mich recht schwierig herauszufinden, wo sich meine Akte befindet und wer nun in Folge für mich zuständig sei. Als ich dann endlich meine Ansprechpartner ausfindet machen konnte, wurde mir zugesichert die Angelegenheit so schnell als möglich zu bearbeiten.

Inzwischen bekam ich auch Kenntnis von der Diagnose die meine Therapeutin gestellt hatte. Ich wollte einfach wissen, was ich nun genau habe und habe sie danach gefragt. Sie diagnostizierte bei mir eine Dissoziative Störung, was mich ziemlich aus der Bahn warf. Ich hatte schon mit meinen Depressionen zu kämpfen und jetzt auch das noch.

Ende September 2008 war ich dann an meinem bisher tiefsten Punkt angekommen. Es gab Anteile in mir, die nicht mehr leben wollten. Meine Therapeutin und mein Arzt kümmerten sich in dieser Zeit wunderbar um mich. Ich hatte einige zusätzliche Therapiestunden und auch mein Arzt war für mich jederzeit erreichbar. Gemeinsam schafften sie es mich vor der Psychiatrie zu bewahren. Ich bekam zusätzliche Medikamente und die Dosis meiner Antidepressiva wurde erhöht.

Meine Therapeutin beantragte für mich zwei wöchentliche Sitzungen, was mir auch bis Ende Januar 2009 genehmigt wurde. Das war für mich sehr beruhigend, weil wir nun einfach viel mehr Zeit hatten, wieder Ordnung in mein Leben zu bringen. Da es mir nicht immer möglich war jede Woche zweimal zu ihr in die Praxis zu kommen, telefonierten wir auch oft oder schrieben E-Mails, was für mich ebenfalls eine große Erleichterung war.

Arbeitsmäßig konnte ich nun nicht mehr voll arbeiten gehen und vereinbarte mit meinem Chef eine 32-Stunden-Woche. Ich muss sagen, dass mir mein Chef in dieser Zeit sehr viel Verständnis entgegenbrachte, was wohl nicht in allen Firmen so üblich ist. Ich hatte einiges an Fehlzeiten, da es Zeiten gab in denen ich nur eingeschränkt oder überhaupt nicht arbeitsfähig war.

Im November 2008 entschied ich mich für eine stationäre Therapie auf der Psychotherapiestation im hiesigen Psychiatrischen Krankenhaus. Informationen über diese Station hatte ich mir schon vorher geholt aber jetzt wollte ich es auch tatsächlich durchziehen. Also vereinbarte ich einen Termin für ein Erstgespräch und man sagte mir dort, dass ich Anfang Januar 2009 die stationäre Therapie beginnen könne.

Im Dezember 2008 wurde mein Widerspruch gegen die Ablehnung meines OEG-Antrags dann endgültig abgelehnt. Das war dann der nächste Schock für mich, aber ich hatte schon fast damit gerechnet. Ich beantragte noch ein paar Aktenkopien, unter anderem von einem Schreiben des Anwalts meines Trainers. Was ich dort zu lesen bekam, hat mir wirklich die Sprache verschlagen. Auch Telefonate mit dem Amt und unzählige Erklärungsversuche halfen nichts. An der Ablehnung war nichts zu machen und so ließ ich es dabei bewenden.


geschrieben am 23.10.09