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Therapieende
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Therapieende

Anfang 2011 wurde ich schwanger. Ich freute mich sehr auf das Kind und es gab mir wieder richtigen Auftrieb. Leider habe ich meinen kleinen Felix in der 9. SSW verloren, was mich erstmal wieder in ein totales Loch warf. Lange Zeit war ich nicht fähig irgendwas zu tun, da ich ständig an das Kleine denke musste.

Im März bekam ich dann noch einmal eine Verlängerung für meine Therapie, allerdings sollte dies die letzte sein. Bis Ende August hatte ich noch Stunden genehmigt bekommen. Das war gerade noch ein knappes halbes Jahr. Viel zu kurz um noch so viele Themen zu bearbeiten. Ich ärgerte mich über die vertrödelte Zeit, die ich mit nichtsbringenden Therapiestunden verbracht hatte. Meine Therapeutin versicherte mir aber, dass ich meine Therapie in Ruhe beenden könne und sie mich nicht einfach Ende August vor die Tür setzen würde. Das beruhigte mich sehr, hatte sie mir doch ganz zu Anfang versprochen, dass sie so lange mit mir arbeiten wird, bis sich meine Lebensqualität deutlich gesteigert hat.

Im Mai habe ich meinen kleinen Felix in einem Kindergemeinschaftsgrab beerdigen lassen. Es war eine schöne Zeremonie und nun hat er einen Platz, wo er nicht allein ist. Natürlich hat die Beerdigung wieder einiges in mir aufgewühlt und hatte gut zu tun, dass ich nicht wieder in ein tiefes Loch falle.

Die Therapie ging langsam aber sicher dem Ende zu, zumindest was die genehmigten Stunden betraf und ich wollte diese Zeit so gut es geht nutzen. Ich beschäftigte mich auch außerhalb der Therapiestunden viel mit meiner Vergangenheit, ganz speziell natürlich mit dem Missbrauch durch den Trainier. Und irgendwann machte es klick, einfach so. Zu Anfang wollte ich es nicht glauben, aber dann stellte ich mehr und mehr fest, dass ich der wirklichen Wahrheit ganz nahe bin. So nah war ich noch nie und natürlich ging es auch wieder mit sehr heftigen Gefühlen einher. Gefühle von Hilflosigkeit, Angst, Wut und Trauer. Da war so viel auf einmal, was da auf mich einstürmte, dass ich das Gefühl hatte, es würde mich in Stücke reißen. Ich war fassungslos, es war so schwer zu begreifen. Schließlich verstand ich die Zusammenhänge immer besser, ich verstand mich immer besser. Und plötzlich wusste ich, ich hab damals nicht anders gekonnt. Es war eine harte und heftige Erkenntnis und ein langer Weg bis dorthin. Aber ich bin froh, dass ich diesen Weg gegangen bin und dass meine Therapeutin mich auf diesem Weg so gut begleitet hat.

Im Sommer 2011 gab es dann gleich zwei freudige Ereignisse. Zum einen bekam ich nach acht Monaten endlich wieder einen Job, zum anderen wurde ich zum zweiten Mal schwanger. Es hätte unglücklicher nicht laufen können, dennoch freute ich mich sehr. Am Anfang war zwar die Angst, ob dieses Mal alles gut geht, aber die wurde doch recht bald von der Freude über dieses Ereignis abgelöst. Der große Nachteil allerdings war, dass ich damit auf lange Sicht gesehen meinen neuen Job vergessen konnte.

 

geschrieben am 23.10.12