Weggeschaut
Klinikaufenthalt
http://www.christho2001.de/weggeschaut/klinikaufenthalt.html

© 2013 Weggeschaut
 

Klinikaufenthalt

Am 7. Januar 2009 begann mein stationärer Klinikaufenthalt auf der Psychotherapiestation B5 des Psychiatrischen Krankenhauses in Hall. Der Aufenthalt sollte 6 1/2 Wochen dauern. Da dies mein erster Klinikaufenthalt war, war ich zu Beginn sehr aufgeregt. Dies legte sich dann aber recht schnell, so wie ich in Kontakt mit meinen Mitpatieten kam.

Das Therapieangebot war sehr vielfältig. Es gab mehrmals in der Woche Gruppen- und Gestalttherapie. Dazu ein Einzelgespräch, Entspannung, Rhythmusgruppe, Aktivgruppe und Kochgruppe. Das brachte viel Abwechslung in den Stationsalltag. Es gab mehrere Ärzte und reichlich Pflegepersonal, so dass immer jemand erreichbar war, wenn man Hilfe brauchte. Allerdings musste ich erst lernen auch um Hilfe zu bitten, wenn es mir schlecht ging. Das war am Anfang alles andere als einfach, wurde aber im Laufe der Zeit immer besser.

Einmal in der Woche fand gemeinsam mit allen Ärzten und dem anwesenden Pflegepersonal eine Kurzvisite statt, in der alle Fragen bezüglich Medikamenten, Diagnosen und sonstigen Dingen geklärt werden konnten. Da ich mich in der ersten Woche sehr schwer tat zu schlafen, einfach weil tagsüber so viel passierte, dass ich nachts nicht zur Ruhe kommen konnte, wurden verschiedene Schlafmedikamente ausprobiert, die in ihrer Wirkung recht unterschiedlich (von gar kein Nutzen bis total übermüdet) waren. Letztendlich habe ich dann aber ein für ich geeignetes Schlafmittel gefunden und konnte so auch nachts endlich in Ruhe schlafen.

Außerhalb der Therapiezeiten, am Abend und am Wochenende, konnte der Ergotherapieraum genutzt werden. Ich hielt mich dort sehr gern auf und verbrachte viel Zeit mit Malen. Ich bemalte nicht nur unzählige Keilrahmen, die ich anschließend fast alle in der Wohnung aufhängte, sondern nutzte die Zeit auch um für mich allein an meinen Themen zu arbeiten. So entstanden zahlreiche Bilder, die später für die weitere Therapie noch sehr wertvoll sein sollten. Ich entdeckte, dass das Malen eine wunderbare Möglichkeit darstellt, um mich mit meinen Gedanken und Gefühlen auseinanderzusetzen.

Für die Einzelgespräche hatte ich eine sehr liebe und verständnisvolle Ärztin. Ursprünglich hätte ich die Stunden bei dem Arzt gehabt, bei dem auch das Vorgespräch war, ich habe dann vor Ort aber um eine Frau gebeten, einfach weil es so viel leichter für mich ist. Mit ihr habe ich dann auch viele meiner Bilder besprochen, unter anderem auch Bilder, die Szenen des Missbrauchs zeigten. Es war das erste Mal, dass ich so konkrete Bilder gemalt hatte, einfach weil ich das Gefühl hatte, die Bilder müssten mal raus aus meinem Kopf.

Auch in der Gestaltungstherapie konnte ich gut an meinen eigenen Themen arbeiten. Es standen viele Materialen zur Verfügung, so z.B. Ton, Speckstein, Gipsbinden, Draht, Steine, Muscheln, Papier, Farben und diverse andere Bastelmaterialien. Ich probierte alles aus und versuchte mich so gut es ging auf alles einzulassen. Oft kamen dadurch Gefühle zutage, zu denen ich schon lange keinen Zugang mehr hatte. Das eindrücklichste Erlebnis ist wohl die Gestaltung eines Wutbildes mit Fingerfarben. An einer Wand hing ein großer Bogen Papier und darauf habe ich meine Wut ausgelassen. Habe zunächst mit den Fingerfarben das Bild gemalt und anschließend mit den Fäusten auf die Wand eingeschlagen. Zum Schluss bin ich mit einer Schere auf das Bild los. Nach dieser Stunde war ich fix und alle und brauchte eine ganze Weile um mich zu erholen. Aber es hat richtig gut getan, die Wut mal so rauszulassen.

Während des Klinikaufenthalts arbeitete ich auch daran mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, auch wenn mir das nicht wirklich so in dem Maße gelungen ist, wie ich es mir gewünscht hätte. Ich machte viele Dinge allein, ab und an aber auch in der Gemeinschaft. So veranstalteten wir Spieleabende und Karaoke-Singen. Ich versuchte mich so viel wie möglich mit den anderen Patienten auszutauschen. Das Thema soziale Kontakte bearbeitete ich auch in der Gestalttherapie, wo ich mir nach und nach eine sichere Burg sowie eine Brücke zu anderen Menschen zusammenbastelte.

Die Fehlstellung meiner Augen war ebenfalls ein Thema, welches in der Klinik besprochen wurde. Meine zuständige Ärztin machte für mich an der Klinik in Innsbruck sogar einen Termin aus, damit ich die Augen mal anschauen lassen konnte, da ich schon lange nicht mehr beim Augenarzt gewesen bin. Hatte ihr erzählt, dass die Augen schon einmal operiert wurden, als ich gerade fünf Jahre alt war. Und sie meinte dann, ich könne mich ja informieren, ob es nicht nochmals möglich wäre. Ja und so nahm ich diesen Termin war und vereinbarte anschließend auch gleich einen OP-Termin für April 2009.

Alles in allem kann ich sagen, dass mir der Aufenthalt auf der Psychotherapiestation sehr geholfen hat. Es wurde zwar vieles aufgewühlt und es war oft sehr sehr schwer für mich, aber letztlich ging es mir hinterher viel besser als vorher. Und so konnte ich noch Wochen danach davon profitieren, weil es mir einfach so richtig gut ging.


geschrieben am 23.10.09