Zweckbeziehung
Er hielt sich genau ein Jahr dran. Zu diesem
Zeitpunkt (Sommer 1999) zog er nämlich von zu Hause aus in eine
eigene Wohnung. Ich war dann ein Mal bei ihm gewesen, weil ich
Probleme beim Training hatte. Er hatte ohnehin noch genug mit dem
Einräumen seiner ganzen Bücher zu tun, und so konnten wir uns
nebenbei unterhalten. Jedenfalls fing er dann wieder mit seinen
Annäherungsversuchen an. Ich weiß nicht mehr wie es kam, aber
irgendwie habe ich ihn dann wohl geküsst. Ich war selbst ganz
erschrocken darüber und war auch danach noch ziemlich
durcheinander. Eine Woche drauf habe ich ihm dann zu verstehen
gegeben, dass ich da keinen Bock mehr drauf habe und dass er mich
in Ruhe lassen soll. Er meinte nur, dass er es absolut nicht mag,
wenn man ihn verarscht. Ich wusste gar nicht richtig, was los war.
Dann erzählte er mir irgendwas von Liebe und dass ich in den
letzten Jahren wohl einiges missverstanden hätte. Da war ich
erstmal geschockt. Aber irgendwie habe ich mich dann auf die ganze
Sache eingelassen, wahrscheinlich auch, um alles etwas erträglicher
für mich zu machen. Ich schrieb ihm dann auch einen kurzen Brief,
in dem ich ihm einiges versuchte zu erklären und ihn auch fragte,
warum er das eigentlich alles getan hatte. Ich bekam sogar eine
Antwort von ihm. Den Brief habe ich immer noch.
Jedenfalls kamen wir dann zusammen, aber es war keine Beziehung,
wie man sie sich unter normalen Umständen hätte vorstellen können.
Das Einzige was wir mal gemeinsam unternahmen war eine Radtour und
zweimal baden gehen. Der Rest war ein rein sexueller Kontakt,
sozusagen eine Zweckbeziehung. Zuerst war es noch ein bisschen
spannend aber bald hatte ich echt die Nase voll davon. Jede Woche
war zwei- oder dreimal bei ihm. Natürlich nur, wenn er gerade Zeit
hatte oder gerade mal kein Fußball im Fernsehen kam. Es lief auch
immer alles gleich ab. Ich kam zu ihm, er fing schon im Flur an
mich zu küssen. Dann ging’s auch sofort zur Sache. Zuerst lagen wir
noch bei ihm auf dem Sofa aber nach einiger Zeit sind wir immer
gleich ins Bett. Ich habe ihn dann befriedigt und er hat an mir
rumgespielt. Eben so lange, bis er genug hatte. Dann durfte bzw.
musste ich gehen. Er nahm auch keine Rücksicht darauf, wenn ich mal
keine Lust hatte oder so, das war ihm egal. Jedenfalls wurde mir
das dann doch zuviel und bin nicht mehr so oft zu ihm gegangen.
Lange habe ich das aber nicht durchgehalten. Es ging ja nun schon
ein ganzes Jahr so und irgendwann überkommt einen dann schon mal
das sexuelle Verlangen.
Im Herbst 2000 wollte ich dem ganzen dann aber doch ein Ende
setzen. Allerdings gab es da noch eine Hürde zu überwinden. Zu der
Zeit habe ich nämlich meine Übungsleiterausbildung gemacht. Die
Prüfung sollte im November sein und ich hatte ziemlich viel dafür
zu lernen. Wer war da nicht besser geeignet mir zu helfen als er?
Allerdings hatte das auch seinen Preis. Er wollte mir nur unter der
Bedingung helfen, dass ich zu ihm kam und er dann hinterher auch
was dafür bekam. Was hätte ich machen sollen, immerhin wollte ich
ja die Prüfung bestehen. Also musste ich noch so lange durchhalten,
auch wenn’s schwer fiel. Schließlich war dann endlich November und
ich bestand auch meine Prüfung. Seit diesem Tag war ich nie wieder
bei ihm gewesen und es ist auch nie wieder irgendwas
vorgefallen.
Später wollte er dann noch wissen, warum ich ihn ohne was zu sagen
verlassen hatte. Ich sei ihm noch eine Antwort schuldig. Aber ich
war nie mit ihm zusammen gewesen und ich habe mich demzufolge auch
nie von ihm getrennt. Ich war nur froh, dass nach über 6 Jahren
endlich alles vorbei war.